„Langlebige“ Teppiche und kurze Verjährung

Mein Mandant war aus einer möblierten Einliegerwohnung ausgezogen, und zwar am 20.03.2011. Der Vermieter stellte wegen einiger Ansprüche am 19.01.2012 Mahnbescheidsantrag. Mein Mandant legte Widerspruch ein. Mit Schriftsatz vom 06.02.2012 wurde der Anspruch aus dem Mahnbescheid begründet, also das streitige Verfahren eingeleitet.

Verlangt wurde so einiges, z. B. Ersatz für eine Wandleuchte, die mein Mandant zerbrochen haben soll, Schäden am Dachfenster wegen behaupteter Brandschäden durch Zigarettenkippen und auch und insbesondere Schadensersatz wegen beschädigtem Teppichboden und beschädigter „Einzelteppiche“.

 

Schäden am Teppichboden hat mein Mandant nicht in Abrede gestellt und eine Schadensanzeige an seine Haftpflichtversicherung übermittelt. Er hat ausgeführt, dass es sich um Flecken / Brandflecken auf dem Teppichboden handelt, ca. 5 – 7 Stück, verteilt auf ca. 2 m², verursacht durch Unachtsamkeit (was bekanntlich durchaus vorkommen kann).

 

Die Versicherung schickte einen Gutachter. Mein Mandant war nicht zu Hause. Was macht der Gutachter? Er ließ sich vom Vermieter überreden, überzeugen oder was auch immer, noch drei „Einzelteppiche“ zu begutachten. Der Gutachter führte allen Ernstes aus, an den Teppichen seien Gebrauchsspuren festgestellt (Betreten eines Teppichs ist nach meinem Kenntnisstand aber erlaubt) und bei zwei Teppichen Madenfraß (mein Mandant hat mir glaubhaft versichert, keine Maden eingeschleppt zu haben; wir verdächtigten den – keinesfalls stubenreinen – Hund des Vermieters, der öfter in der Wohnung des Mandanten war). Der Gutachter meinte dann, die Schäden an diesen Teppichen mit 398,00 €, 527,00 € und 1.340,00 € (jeweils Zeitwert) veranschlagen zu müssen.

 

All das spielte aber keine Rolle. Erfolg mit den geltend gemachten Schadensersatzansprüchen hatte der Vermieter schon deshalb nicht, da die behaupteten Ansprüche verjährt waren.

Es wurde übersehen, dass nach § 548 Abs. 1 BGB Ansprüche des Vermieters wegen Verschlechterung der Mietsache in 6 Monaten verjähren, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Wir erinnern uns: Auszug und Schlüsselübergabe waren am 20.03.2011, Ansprüche des Vermieters also schon lange vor Einleitung des Mahnverfahrens verjährt.

 

Aber auch ansonsten hätte der Vermieter hier keinen Erfolg haben dürfen:

Das Alter des Teppichbodens wurde mit 14 Jahren angegeben, das Alter eines der „Einzelteppiche“ mit 31 (!) Jahren. Für die anderen Teppiche fehlte eine Zeitangabe. Sie werden jedoch, so vermute ich einmal, nicht wesentlich frischer gewesen sein.

 

Nach einem Urteil des Landgerichts Dortmund (Urteil vom 03.09.1996, 21 S 110/96) ist von einer 10-jährigen Lebensdauer eines Teppichbodens auszugehen. Soweit ich weiss, ist dieses Urteil noch von keinem anderen Gericht in Frage gestellt worden. Dies gilt für alle durchschnittlichen Qualitäten. Ein Teppichboden von höchster Qualität ist spätestens nach 15 Jahren verbraucht. Ich sehe auch nicht, dass zwischen Teppichboden und „Einzelteppich“ zu differenzieren wäre, wobei ich selbstverständlich solche (http://www.sueddeutsche.de/bayern/auktionshaus-erkennt-kostbaren-perserteppich-nicht-verschaetzt-um-millionen-1.1226928) und ähnlich wertvolle Exemplare nicht meine.

 

Ist ein Teppich aber schon in Folge normaler Abnutzung „verschlissen“ und über 10 bzw. 15 Jahre alt, muss ein Mieter keinen Schadensersatz mehr leisten. Eine bereits wertlose Sache kann eben nicht mehr weiter an Wert verlieren.

Rechtsanwalt
Jürgen Hönig Friedrichsdorf

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